Was ist ein Trauma? Was traumatisiert Menschen? Kommt es immer zu Traumafolgestörungen? Und was passiert eigentlich im Gehirn, wenn wir traumatische Ereignisse erleben?
Was ist ein Trauma? 1
Ein Trauma (griech.: Wunde) lässt sich bildhaft als eine „seelische Verletzung“ verstehen, zu der es bei einer Überforderung der psychischen Schutzmechanismen durch ein traumatisierendes Erlebnis kommen kann.
Traumatische Erlebnisse2
Traumatische Erlebnisse sind überwältigende Erfahrungen, die mit Gefühlen extremer Ohnmacht und Hilflosigkeit einhergehen. Zu traumatischen Erlebnissen zählen nicht nur offensichtliche Extremsituationen wie Krieg, sondern auch weniger extrem wirkende Erlebnisse.
Einige Beispiele für traumatische Erlebnisse sind:
- Sexueller, physischer oder emotionaler Missbrauch (z.B. öffentliche Demütigungen)
- Körperliche oder emotionale Vernachlässigung im Kindesalter (z.B. nicht genug Nahrung erhalten)
- Unfälle
- Medizinische Eingriffe
- Traumatisches Geburtserlebnis
- Verlust einer nahestehenden Person
- Kriegserlebnisse, Flucht oder Folter
- Traumatisierung in Helfer:innenberufen (z.B. Polizist:innen, Ärzt:nnen, etc.)
Kinder sind besonders verletzlich für Traumatisierungen, da sie noch über weniger Fähigkeiten zur Verarbeitung belastender Ereignisse verfügen, als es bei Erwachsenen der Fall ist. Je jünger ein Kind ist, desto anfälliger ist es für Traumatisierungen.
Führen traumatische Erlebnisse immer zu Traumafolgestörungen? 3
Laut Studien machen weltweit ca. 75% der Bevölkerung im Laufe ihres Lebens eine traumatische Erfahrung. Allerdings entwickeln davon nur etwa 25% eine Traumafolgestörung.
Zu den Traumafolgestörungen gehören PTBS (Posttraumatische Belastungsstörung), komplexe PTBS und dissoziative Störungen.
Was passiert im Gehirn bei Traumata?4
Beim Trauma ist unser Gehirn überfordert. Die traumatischen Erlebnisse können nicht normal verarbeitet werden, sondern werden ungeordnet in unserem Gehirn gespeichert.
Die linke Graphik beschreibt, wie unser Gehirn Erlebnisse im Normalfall verarbeitet, während die rechte Graphik zeigt, was im Gehirn passiert, wenn es mit einem traumatischen Ereignis konfrontiert wird:
VS
Bei traumatischen Erlebnissen wird unser Gehirn mit Stresshormonen überflutet. Das wirkt sich ungünstig auf die Nervenzellen im Gehirn aus.
Die Zusammenarbeit zwischen der Amygdala und dem Hippocampus ist gestört. Gefühlszustände, Bilder und körperliche Reaktionen werden zwar in der Amygdala gespeichert aber die Zuordnung des Erlebten im Zusammenhang mit der äußeren Realität im Hippocampus kann nicht richtig stattfinden.
Es entsteht eine „hippocampale Amnesie“, d.h. es bestehen keine Erinnerungen an die konkrete, reale Situation.
Wird das Trauma nicht verarbeitet, überwiegt das emotionale Gedächtnis der Amygdala („hot system“) im Vergleich zum autobiografischen Gedächtnis des Hippocampus („cold system“).
Dadurch besteht ein Nebeneinander von intensiven emotionalen Erinnerungen einerseits und Erinnerungslücken bzgl. der konkreten Geschehnisse andererseits. Zahlreiche Reize können als Trigger fungieren und bei Betroffenen intensive emotionale Erinnerungen hervorrufen.
Für die Verarbeitung des Traumas ist es notwendig, dass das traumatische Ereignis in einen Gesamtzusammenhang eingeordnet werden kann. Erst dann kann sich die Einstellung entwickeln „Es ist vorbei und ich habe es überlebt.“
Trauma-Trigger5
Alles, was einen an irgendeinen Aspekt des Traumas (bewusst oder unbewusst) erinnert, kann als Trigger fungieren. Hierzu gehören zum Beispiel Orte, Gefühle, Gerüche, Personen, ja sogar Jahres- und Tageszeiten.
Werden traumatische Erinnerungen durch einen Trigger hervorgerufen, haben Betroffene das Gefühl, als müssten sie das Trauma nochmals durchleben. Sie reagieren – vollständig oder zumindest teilweise – wie sie während des traumatischen Geschehens reagiert haben. Die Reaktionen sind dabei in der Regel wesentlich intensiver, als es für die gegenwärtigen Umstände angemessen wäre.
Häufige durch Trigger ausgelöste Reaktionen sind:
- Gefühle von Panik, Angst, Wut, Ohnmacht
- Erhöhter Puls/Herzrasen
- Schweißausbrüche
- Zittern
- Übelkeit/Brechreiz
- Schmerzen
- Dissoziative Zustände (z.B. Depersonalisation6, Derealisation7, Bewegungsstörungen, Stupor/Starre)
- Switchen in einen anderen Persönlichkeitsanteil, vor allem bei der Dissoziativen Identitätsstörung (DIS)
1 Was ist ein Trauma? (und was es nicht ist) (posttraumatische-belastungsstoerung.com)
2 Traumatische Erlebnisse – Definition & Beispiele (posttraumatische-belastungsstoerung.com)
3 Was ist ein Trauma? (und was es nicht ist) (posttraumatische-belastungsstoerung.com)
4 Trauma – Was im Gehirn dabei passiert (posttraumatische-belastungsstoerung.com)
5 Trauma-Trigger – Definition & Beispiele (posttraumatische-belastungsstoerung.com)
6 Der Patient empfindet den eigenen Körper als fremd. Er kann das Gefühl haben, in einer Traumwelt zu sein oder komplett losgelöst von seinem Körper nur als Geist zu existieren. Psychopathologischer Befund – Wissen @ AMBOSS
7 Der Patient empfindet die Umwelt als fremd, unvertraut und unwirklich. Die Derealisation wird von Betroffenen als ausgesprochen quälend empfunden. Psychopathologischer Befund – Wissen @ AMBOSS