Positive Psychologie wird definiert als „Wissenschaft vom gelingenden Leben“ (Seligman)
Ziele der Positiven Psychologie sind z.B. psychischer Belastung vorzubeugen, Stärken zu erkennen und einzusetzen & mehr positive Emotionen zu erleben.
Allgemeine Forschungsergebnisse zur Positiven Psychologie
Glückliche Menschen
- Haben ein höheres Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl (Cerezo, Ortiz-Tallo, Cardenal, & De La Torre-Luque, 2014)
- Haben mehr Energie (Lyubomirsky, King, Diener, 2005)
- Sind großzügiger (Lyubomirsky, King, Diener, 2005)
- Beliebter (Lyubomirsky, King, Diener, 2005)
- Haben ein stärkeres Immunsystem
- arbeiten produktiver: Sind z.B. besser im Multitasken, bearbeiten Aufgaben systematischer und bleiben besser fokussiert (Diener, 2000; Jaser, Patel, Rothman, Choi, & Whittemore, 2014; Kim, Park, Sun, Smith, & Peterson, 2014; Ruini, 2014)
Großzügigkeit macht glücklich (positive Effekte bei der Person, die großzügig behandelt wird sowie bei der Person, die großzügig ist).1
Die Nonnen-Studie:2
Eine der bekanntesten Studien zu der Thematik untersuchte den Zusammenhang zwischen negativen Emotionen & schwächerem Immunsystem sowie erhöhtem Krankheitsrisiko.
Die emotionale Grundstimmung von über 600 US-amerikanischen Nonnen mit sehr ähnlichen Lebensumständen wurde bei ihrem Eintritt ins Kloster (Durchschnittsalter: 22 Jahre) gemessen.
Jene, die mehr positive Emotionen gezeigt haben, lebten im Schnitt 10 Jahre länger und zeigten deutlich weniger Anzeichen degenerativer Veränderungen (Alzheimer). Selbst wenn es Anzeichen für die Erkrankung gab, ist sie zu Lebzeiten nicht ausgebrochen.
Im Alter von 85 Jahren waren 79% von den “happy Nonnen“ noch am Leben und 54% der am wenigsten glücklichen Nonnen.
Broaden-and build theory der positiven Emotionen (Barbara Fredrickson, 2001)3
In Zuständen negativer Emotionen entwickeln wir einen Tunnelblick, der unsere Aufmerksamkeit völlig auf negative, potentiell lebensbedrohliche Dinge fokussiert, wodurch andere Aspekte der Situation vernachlässigt werden. Im Alltag kann dieser Mechanismus häufig nachteilig sein.
Im Vergleich dazu erweitern (broaden) positive Emotionen unser Gedanken – und Gefühlsrepertoire, öffnen unser Bewusstsein und erweitern unseren Fokus. Wir sehen dadurch das große Ganze besser:
- Wir handeln proaktiver, denken flexibler und kreativer
- Resilienz & Immunsystem werden gestärkt
- Auf Dauer werden innere Ressourcen aufgebaut (Selbstakzeptanz, kreatives Problemlösen, Offenheit)
Negative Emotionen | Positive Emotionen |
Schneller wahrgenommen | Häufiger vorhanden aber seltener wahrgenommen |
Wirken länger und stärker nach | Verbessern flexibles Denken und Problemlösen |
Binden mehr Aufmerksamkeit | Führen zu mehr Achtsamkeit und Resilienz |
Führen zu Einengung des Denkens | Wirken besser und länger wenn sie erarbeitet sind |
Verstärken Detailorientierung | Können negative Effekte wie Stress neutralisieren |
Hürden auf dem Weg zum persönlichen Glück
- Die Hedonistische Anpassung:4
Wir gewöhnen uns an die Quelle unseres Glücks und sehen sie schnell als selbstverständlich an. Egal ob es nun das neue Auto, ein IPhone oder der/die Partner:in ist. Nach einem anfänglichen Glücksgefühl sinkt dieses langsam wieder ab und man denkt, dass man ein noch tolleres Auto oder eine neue Jeans braucht, um wieder glücklich zu sein.
Gedanken im Sinne von „Wenn ich erstmal … habe, bin ich glücklich.“ sind also in den allermeisten Fällen eine Illusion. Die hedonistische Anpassung beschreibt zum einen, dass positive Emotionen nach Erhalt einer „Belohnung“ abnehmen, und zum anderen, dass die persönlichen Erwartungen für die nächste „Belohnung“ zunehmen.
Lösung: Um der hedonistischen Anpassung entgegenzuwirken, kann man sein Bewusstsein und seine Dankbarkeit5 für die belohnenden Dinge fördern, die man bereits so lange besitzt oder so häufig erhält, dass man sich an sie gewöhnt hat. Hierbei können Fragen, die man an sich selbst stellt helfen:
- Wofür kann ich in meinem Leben dankbar sein? (Meine Bildung, meine Gesundheit, mein Humor, meine schöne Küche, …)
- Wofür kann ich in der vergangenen Woche dankbar sein? (Das schöne Wetter am Montag)
- Negativity bias 6
Evolutionsbiologisch bedingt bemerken und erinnern wir uns an Schlechtes viel besser als an Gutes. Das sollte uns v.a. in früheren Zeitaltern davor bewahren, Gefahren wie z.B. giftige Beeren zu vergessen.
„Unser Gehirn ist für positive Erfahrungen wie eine Teflon-Pfanne und für negative Erfahrungen wie Klettband“ – (Dr. Rick Hanson, Neuropsychologe, Experte für Neuroplastizität)
Lösung: Man sollte sich dieser Tendenz bewusst sein und öfter hinterfragen, ob einem tatsächlich mehr Negatives passiert ist oder ob man das Positive einfach nicht bemerkt/vergessen hat.
- Fehlende Selbstfürsorge7
Nur wem es selbst gut geht, der kann sich auch gut um andere kümmern.
Das Prinzip „Selbstschutz vor Fremdschutz“ ist daher in vielen Bereichen (z.B. Erste Hilfe) ein höchstsinnvolles Konzept, das auch auf das psychische Wohlbefinden zutrifft.
Lösung: Eigene Bedürfnisse befriedigen sowie persönliche Grenzen festlegen und einhalten.
- Fixed Mindset VS Growth Mindset8
Fixed Mindset: Ich bin mit bestimmten Voraussetzungen geboren und ich kann nichts daran ändern, dass ich nicht sportlich/ musikalisch/ intelligent bin. (siehe fehlende eigene Verantwortung)
Growth Mindset: Ich kann meine Eigenschaften und Talente erweitern, stärken und neu entwickeln. Mit genügend Geduld und Fleiß kann man in Allem besser werden.
Fehlende Verantwortungsübernahme
Wer ist verantwortlich für meine Gefühle und wer hat die Macht diese zu ändern?
Manche Menschen neigen dazu, Anderen die Schuld oder Verantwortung zuzuschreiben. Tut man dies kommt man jedoch nicht von der Stelle, da man Andere nicht kontrollieren kann.
Lösung: Verantwortung für das eigene Wohlempfinden übernehmen und selbstständig etwas unternehmen, um Situationen, die einen unglücklich machen, zu ändern. (Probleme ansprechen, Grenzen setzen, das eigene Wohlbefinden zur Priorität machen, Therapie beginnen, um dysfunktionale Gedanken zu überwinden)
Quellen
1 Lyubomirsky, S., Sheldon, K.M., und Schkade, D. (2005). »Pursuing happiness: The architecture of sustainable change«. Review of General Psychology, 9, S. 111–131.
Nelson SK, Layous K, Cole SW, Lyubomirsky S. Do unto others or treat yourself? The effects of prosocial and self-focused behavior on psychological flourishing. Emotion. 2016 Sep;16(6):850-61.doi: 10.1037/emo0000178. Epub 2016 Apr 21. PMID: 27100366.
2 Danner, D. D., Snowdon, D. A., & Friesen, W. V. (2001). Positive emotions in early life and longevity: Findings from the nun study. Journal of Personality and Social Psychology, 80(5), 804–813. https://doi.org/10.1037/0022-3514.80.5.804
3 Fredrickson, B. L. (2001). The role of positive emotions in positive psychology: The broaden-and-build theory of positive emotions. American Psychologist, 56(3), 218–226. https://doi.org/10.1037/0003-066X.56.3.218
4 Lykken, D., und Tellegen, A. (1996). »Happiness is a stochastic phenomenon«. Psychological Science, 7, S. 186–189.
5 Sheldon, K.M., und Lyubomirsky, S. (2006a). »How to increase and sustain positive emotion: The effects of expressing gratitude and visualizing best possible selves«. Journal of Positive Psychology, 1, S. 73–82.
6 What Is The Negativity Bias and How Can it be Overcome? (positivepsychology.com)
7 Selbstfürsorge: Mehr als nur ein Bad – Resilienz-Akademie
8 Dweck, C. (2016). What having a “growth mindset” actually means. Harvard Business Review. Retrieved from https://hbr.org/2016/01/what-having-a-growth-mindset-actually-means Rhodes, J. (2015, August 24). Growth mindset examples: How everyday situations create opportunity for learning and progress. LinkedIn. Retrieved from https://www.linkedin.com/pulse/growth-mindset-examples-how-everyday-situations-create-john-rhodes/